5,35 % Rentenerhöhung: Wie macht die DRV das?

Anfang Juni hat das Bundeskabinett eine üppige Leistungsanpassung für Angehörige der gesetzlichen Rentenversicherung beschlossen. Demnach erhalten gesetzlich Versicherte im sogenannten Rechtskreis West eine Rentenerhöhung von 5,35 %. Vor diesem Hintergrund haben einzelne Mitglieder die Sorge geäußert, dass das Versorgungswerk im Zeitverlauf hinter die Leistungen der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) zurückfallen könnte.

Zu Aspekten, die in diesem Zusammenhang relevant sind, wollen wir in diesem breit angelegten Artikel umfassend Auskunft geben. Wir wollen zugleich aufzeigen, dass die Versicherten bei unserer Versorgungseinrichtung auch weiterhin gut versorgt sind. Warum das so ist, wird nachstehend erläutert.

Vorab sei gesagt, dass der Vergleich zweier sehr unterschiedlicher Systeme der Alterssicherung wenig sinnvoll, auch nicht zielführend ist. Berufsständische Versorgung und gesetzliche Rentenversicherung unterscheiden sich schließlich vom Versicherungsprinzip her ganz wesentlich voneinander: Hier ein Versorgungssystem, das auf dem Prinzip der Kapitaldeckung basiert und sich – über die Einzahlungen seiner Mitglieder und Kapitalerträge – aus eigener Kraft trägt. Demgegenüber ein umlagefinanziertes, hoch defizitäres und deshalb staatlich gestütztes Versorgungssystem. 

Ein Vergleich kann insoweit nur ein Zerrbild ergeben. Mitglieder unserer Versorgungeinrichtung stellen diesen Vergleich jedoch vermehrt an. Zumeist Rentner, die neben den Ruhestandsbezügen vom Versorgungswerk noch eine Teilrente der DRV beziehen und beim Blick auf die Leistungen beider Systeme den Eindruck haben, dass die Entwicklung dort eine – vermeintlich – höhere Dynamik hat. Das gibt uns Anlass, relevante Punkte aufzugreifen und zu erläutern, warum die berufsständische Versorgung das leistungsfähigere Vorsorgesystem ist und sich gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung nicht nur gut behaupten kann, sondern insgesamt viele Vorteile hat.

Lange Jahre hat sich die Frage nach einem „Quervergleich“ mit dem staatlichen System der Alterssicherung gar nicht gestellt. Das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW prosperierte. Steigende Mitgliederzahlen führten zu steigenden Beitragseinnahmen und einer stetig besseren Vermögensposition.

Das Zinsniveau lag beständig weit über dem Rechnungszinserfordernis. Vor diesem Hintergrund war es ein Leichtes in den Jahren bis 2008 – zum Teil sehr üppige – Leistungsverbesserungen für aktive Mitglieder und Versorgungsempfänger*innen zu finanzieren. Den aktiven Mitgliedern hat sich das über die jährliche Anwartschaftsmitteilung mitgeteilt, Rentnern in Form steigender Versorgungsbezüge. Da war die Welt noch in Ordnung.

Das Versorgungswerk verwaltet das Vermögen seiner Mitglieder, das sich inzwischen auf rd. 12,5 Mrd. EUR beläuft, treuhänderisch. Es investiert die Versichertengelder am Kapitalmarkt, um damit Renditen für die Solidargemeinschaft der Architekt*innen und Ingenieur*innen zu erwirtschaften. Darauf beruht das Versicherungsprinzip.

Mit dem Bankrott der Lehman Brothers Bank im Jahr 2007, der „Subprime“-Krise im Jahr 2008 und den massiven Verwerfungen auf den globalen Finanzmärkten in deren Gefolge passierte auf internationaler Ebene das, wofür Politiker heutzutage den Begriff der „Zeitenwende“ bemühen: Die fundamentale Veränderung des Kapitalmarktumfelds. Auf einmal war der Zins weg. Und damit die zentrale Ertragsquelle eines kapitalgedeckten Versorgungssystems. In einem Kapitalmarktumfeld, das seit mehr als einer Dekade von Niedrig-, Null- und Negativzinsen geprägt ist, sind Renditechancen geringer. Das hat zwangsläufig Auswirkungen auf Erträge und Dynamik.

Unter schwierigen Vorzeichen arbeitet das Versorgungswerk dennoch erfolgreich. Die Geschäftsergebnisse sind unverändert positiv. An veränderte Kapitalmarktbedingungen hat man sich zügig angepasst und erzielt mit den Investitionen auskömmliche Renditen. Die wirtschaftlichen Ziele sind jeweils erreicht worden. Das gilt auch bezogen auf die beiden letzten Geschäftsjahre, unter den nochmals erschwerten Bedingungen der Pandemiesituation. Hierüber geben etwa die Geschäftsberichte Auskunft, die zur Information der Mitglieder im Kiosk eingestellt sind.

Gleichwohl hat sich etwas verändert, auch verändern müssen: Früher hat das Versorgungswerk seine Erträge fast immer an die Versicherten ausgeschüttet. Das war damals richtig, denn Überrenditen gehören ja den Mitgliedern. Insoweit waren Leistungsdynamisierungen nicht nur gut begründet, sondern auch wirtschaftlich gut darstellbar. Im seinerzeitigen Zinsumfeld konnte zudem verlässlich kalkuliert werden, dass die Gewinnquellen im folgenden Geschäftsjahr erneut kräftig sprudeln würden.

Das ist heute – unter den Vorzeichen großer politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten und entsprechend volatiler Finanzmärkte – anders. Unter solchen Bedingungen gehört es für einen öffentlich-rechtlichen Versicherungsbetrieb zum aktiven Risikomanagement, Mittel zur Verfügung zu haben, mit denen im Bedarfsfall Verluste kompensiert werden können. Diese Form der Risikovorsorge liegt im Interesse der Versichertengemeinschaft. Nicht zuletzt aus Verantwortung gegenüber den jungen Mitgliedern. Die Gelder, mit denen Reserven gebildet werden, sind auch nicht „weg“. Sie erhöhen vielmehr die Sicherheit für die Solidargemeinschaft.

Versichertengelder werden aber auch benötigt, um höheren Aufwand und zunehmende Regulierung zu finanzieren, etwa in den Bereichen Risikomanagement, Controlling, Marktanalyse, Vertragsmanagement, Digitalisierung, Meldepflichten, Datenschutz, Datensicherheit, um nur einige zu nennen. Für all diese Aufgaben sind in steigendem Maße Mittel aufzuwenden – mit der Folge, dass diese Gelder an anderer Stelle fehlen, insbesondere für Leistungsverbesserungen nicht zur Verfügung stehen.

Das Versorgungswerk kommt also in mehrfacher Hinsicht unter Druck: Auf der Rendite- und Ertragsseite durch politisch gewollte Niedrig-, Null-, bzw. Negativzinsen. Auf der Kostenseite durch regulatorische Anforderungen, die den Versicherungsbetrieb verteuern. Auf der Leistungsseite durch die Dynamik bei der DRV, die aber nur möglich ist, weil der Staat die gesetzliche Rentenversicherung mit Zuschüssen aus Steuermitteln in Höhe von jährlich mehr als 100 Mrd. EUR alimentiert.

Als Folge dieser Entwicklung gerät das Versorgungswerk mehr und mehr in einen ungerechtfertigten, auch unfairen Wettbewerb mit der gesetzlichen Rentenversicherung. Ungerechtfertigt, weil berufsständische Versorgung und gesetzliche Rentenversicherung – wie zuvor erläutert – auf zwei völlig unterschiedlichen Finanzierungskonzepten beruhen. Unfair, weil das Versorgungswerk – anders als die DRV – keine Zuwendungen des Staates erhält.

Auch berufspolitisch weht der berufsständischen Versorgung der Wind ins Gesicht: Im politischen Raum artikulieren sich immer häufiger Stimmen, die die Systemfrage stellen und für eine Einheitsversicherung werben. In bestimmten politischen Kreisen mag es deshalb nicht unerwünscht sein, wenn die Versorgungswerke in die Defensive geraten und – möglicherweise von innen heraus, aus der Mitgliedschaft – zusätzlich unter Druck geraten.

Die Leistungsentwicklung bei der DRV ist gekoppelt an die Lohn- und Gehaltsentwicklung. Weil die in den wirtschaftlich sehr guten Jahren von 2010 bis 2019 positiv war, sind in deren „Windschatten“ auch die Versorgungsleistungen für gesetzlich Versicherte angestiegen. Allerdings sind die Rentenerhöhungen für Versicherte der DRV in dieser Zeit nicht immer hoch gewesen. Im Jahr 2013 belief sich die Rentenerhöhung bei der DRV beispielsweise auf geringe 0,25 %. Im Jahr 2021 gab es für gesetzliche Versicherte im Rechtskreis West eine „Nullrunde“.

Die Leistungsentwicklung bei der gesetzlichen Rente verläuft auch nicht linear. Mitunter wurde Rentenpolitik nach „Kassenlage“ gemacht. So hat die rot-grüne Bundesregierung im Jahr 2004 eine Rentenreform ins Werk gesetzt, die deutliche Leistungskürzungen für die Versicherten zur Folge hatte. Dieser Sachverhalt zeigt auf, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung – neben „mageren“ Jahren – auch Leistungskürzungen kein Tabu sind.

Werden wir mal konkret: Im Zeitraum 2013 bis 2022 sind die Leistungen für Bezieher einer DRV-Rente um durchschnittlich rd. 2,54 % pro Jahr angestiegen. Setzt man diesen Wert in Bezug zur satzungsgemäßen Mindestverzinsung, die das Versorgungswerk seinen Mitgliedern in Form des sogenannten Rechnungszinses gewährt, dann mag sich der Eindruck relativieren, dass das Versorgungswerk bei der Entwicklung der Leistungen nicht mithalten kann.

Die Mitglieder entrichten – einkommensbezogen – monatliche Versorgungsabgaben. Für die Überlassung dieser Gelder gewährt das Versorgungswerk seinen Mitgliedern satzungsgemäß eine Mindestverzinsung auf das eingezahlte Kapital. Dieser sogenannte Rechnungszins liegt für Einzahlungen, die bis zum Jahresende 2016 entrichtet worden sind – dauerhaft, auch während der Zeit des Versorgungsbezugs – bei 4,0 %. Einzahlungen ab dem Jahresbeginn 2017 werden mit 2,0 % bewertet.

Der Rechnungszins markiert zugleich das Renditeerfordernis, das das Versorgungswerk im Geschäftsjahr mindestens erzielen muss. Erst wenn aus der Geschäftstätigkeit Überrenditen oberhalb des Rechnungszinses erwirtschaftet werden, sind zusätzliche Dynamisierungen – über die Mindestverzinsung hinaus – möglich. Unter den aktuellen Bedingungen des Zinsmarkts Renditen zu erzielen, die über der „Messlatte“ von derzeit rd. 3,80 % liegen, ist allerdings sehr viel schwieriger, als zu Zeiten, in denen Zinsen von mehr als 4,0 % die Norm waren.

Beim Blick auf die gesetzliche Altersvorsorge darf nicht übersehen werden, dass Rentenpolitik in Deutschland eine eminent politische Komponente hat. Rentnerinnen und Rentner sind eine zahlenmäßig große Bevölkerungsgruppe, die Wahlen entscheiden kann. Entsprechend richtet sich die Rentenpolitik in Deutschland seit vielen Jahren weniger am Machbaren – auch am finanzpolitisch Vertretbaren – aus, sondern folgt oft politischem Kalkül.

Deutlich wird diese opportunistische Politik etwa am Beispiel des sogenannten Nachholfaktors. Zur Erläuterung: Die Kopplung der DRV-Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung wurde bereits erwähnt. Bei sinkenden Löhnen verhindert die sogenannte „Rentengarantie“, dass die Altersbezüge sinken. Steigen die Löhne wieder, soll der Nachholfaktor den Effekt der nicht erfolgten Rentenkürzung ausgleichen, d. h. den Rentenanstieg dämpfen. Ab 2018 wurde der Nachholfaktor vom Gesetzgeber jedoch bis zum Jahr 2025 außer Kraft gesetzt. An diesem Beispiel wird erkennbar, dass man es im Hinblick auf das System der staatlichen Alterssicherung mit einer „politischen Rente“ zu tun hat. Anfang 2021 haben wir diesen Aspekt im DAB schon einmal thematisiert.

Rentenerhöhungen der DRV haben aber auch noch eine ganz andere – für den Finanzminister interessante – Komponente: Das ist der steuerliche Aspekt. Mit höheren Rentenbezügen kommen Jahr für Jahr mehr Rentenempfänger*innen erstmals in den Bereich der Steuerpflicht. Im Jahr 2022 sind das allein 103.000 Personen.

Wer höhere Leistungen bezieht und darauf Steuern entrichten muss, hat im Ergebnis netto möglicherweise geringere Renteneinkünfte als zuvor. Im Einzelfall holt sich der Staat in Teilen das zurück, was er zuvor – öffentlichkeitswirksam – als (vermeintliche) Leistungsverbesserung ausgereicht hat.

Bislang ist die Politik notwendigen Reformen des Rentensystems ausgewichen. Ob das dauerhaft so bleiben kann, sei dahingestellt. Vorerst sind – wieder mal – bis zum Jahr 2025 zwei „Haltelinien“ ausgerufen worden. Sicher nicht zufällig retten sich die politischen Parteien damit hinter den Termin der nächsten Bundestagswahl. Es wäre dann an der nächsten Bundesregierung, – möglicherweise schmerzhafte – Maßnahmen zur Stabilisierung des staatlichen Rentensystems zu ergreifen. Dauerhaft dürfte die Politik den notwendigen Reformschritten jedenfalls nicht ausweichen können. Immerhin geht in den kommenden Jahren die Generation der „Baby-Boomer“ in die Rente. Wegen der demographischen Entwicklung müssen zukünftig weniger Beitragszahler, die Lasten für eine steigende Anzahl von Rentnern der DRV stemmen. Dadurch werden sich die Finanzierungslasten für Beitrags- und Steuerzahler weiter erhöhen.

Bei Experten, die sich mit der Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung wissenschaftlich befassen, ist deshalb seit langem unstrittig, dass einschneidende Reformen bei der DRV unvermeidbar sind, um das Alterssicherungssystem dauerhaft finanzierbar zu halten.  Aktuelle Berechnungen der Bundesbank haben ergeben, dass ein deutlicher Anstieg der Rentenversicherungsbeiträge auf bis zu 25 % und ein weiter steigender Bundeszuschuss, in der Größenordnung einer um vier Prozentpunkte höheren Mehrwertsteuer erforderlich wären, wenn man das aktuelle Rentenniveau bis zum Jahr 2070 erhalten will.

Das System der berufsständischen Versorgung beruht auf Kapitalerhalt und Rendite: Der entscheidende Vorteil für die Versorgungswerksmitglieder lässt sich mit den Worten auf den Punkt bringen: „Ihr Geld ist da.“ Das ist bei der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung anders.

Gegenüber den Selbstverwaltungsorganen, aber auch der staatlichen Versicherungsaufsicht weist das Versorgungswerk jährlich nach, dass ausreichende Vermögenswerte vorhanden sind, um sämtliche Versorgungsansprüche der Mitglieder finanzieren zu können. Demgegenüber kommen die monatlichen Beiträge der gesetzlich Versicherten direkt wieder zur Auszahlung, für die Rentenbezieher der DRV.

Das kapitalgedeckte Versorgungssystem beruht auf dem sogenannten Äquivalenzprinzip. Höhere Einzahlungen führen zu höheren Versorgungsleistungen. Zentraler Bestimmungsfaktor für die Höhe der Rente ist demnach die Summe der Versorgungsabgaben, die über die Anwartschaftsphase hinweg auf das individuelle Versorgungskonto entrichtet worden ist. Von Belang ist natürlich auch die Versicherungs­dauer, d. h. der Zeitraum, über den hinweg Einzahlungen geleistet werden.

Zusätzlich kennt das Versorgungssystem – abhängig von Geschäftserfolg und Ertragslage – Leistungsver­besserungen, die schon in der Ansparphase wirksam werden. Das sind die sogenannten Anwartschafts­dynamisierungen. Diese Form der Gewinnbeteiligung am Unternehmenserfolg verbessert die Anwartschaften der aktiven Mitglieder, ohne dass dafür Einzahlungen zu leisten sind.

Hinzu kommen – ebenfalls abhängig von den Ergebnissen im jeweiligen Geschäftsjahr – Rentendynamisie­rungen. Diese Leistungsverbesserungen addieren sich zum obligatorischen Rechnungszins. Die Gleichung heißt dann: Rechnungszins + Dynamisierungsfaktor. Rentendynamisierungen, die das Versorgungswerk vornimmt, verbessern die Leistungen – wohlgemerkt – zusätzlich, über die Mindestverzinsung hinaus.

Anders als gesetzlich Versicherte erhalten die Mitglieder des Versorgungswerks von ihrem Versorgungsträ­ger ein verbindliches Leistungsversprechen in Form des sogenannten Rechnungszinses. Den Effekt, den die Verzinsung der Beiträge erbringt, illustrieren die angefügten Schaubilder.

Werden auf die Einzahlungen der Versicherten keine Kapitalerträge gewährt, so muss die spätere Rentenzahlung (braun) zu 100 % durch Beiträge (blau) gedeckt werden.

kapitalertraege 0,00 prozentkapitalertraege 0,00 prozentkapitalertraege 0,00 prozent


Werden hingegen Kapitalerträge in Höhe von 4,0 % erwirtschaftet, so wird ein erheblicher Teil der späteren Rentenzahlungen durch Kapitalerträge gedeckt.

kapitalertraege 4,00 prozentkapitalertraege 4,00 prozentkapitalertraege 4,00 prozent


Ohne Kapitalerträge müssten die Einzahlungen auf das individuelle Versorgungskonto also viel höher sein, um dieselbe Rentenhöhe leisten zu können (im gewählten Beispiel fast viermal so hoch, vgl. Grafik). Kapitalerträge fallen auch noch während der Rentenbezugszeit an und sind in dieser Phase besonders hoch, weil zuvor ein hohes Vermögen für den Rentner zurückgestellt wurde.

Die Schaubilder stellen ab auf eine Verzinsung in Höhe von 4,0 %. Deren „Botschaft“ – dass ein Großteil des Kapitalstocks, aus dem im Ruhestandsalter die Versorgung des jeweiligen Mitglieds finanziert wird, aus Zins- und Zinseszinseffekt resultiert – ist vom Prinzip her aber auch anwendbar auf den Mischrechnungszins, der sich für Mitglieder ergibt, die Anwartschaften in beiden Abrechnungsverbänden (4,0 % / 2,0 %) erworben haben.

Beim Versorgungswerk erhält das Mitglied – aufgrund der eingerechneten Mindestverzinsung – schon zum Renteneintritt eine Versorgungsleistung, die in der Regel deutlich besser ist, als eine DRV-Rente. Abhängig von den Geschäftsergebnissen kommen Dynamisierungen hinzu. Die DRV gewährt Leistungen auf einem zumeist niedrigeren Ausgangsniveau. Deren Leistungen verbessern sich im Zeitverlauf über Rentenerhöhungen.

Die bloße Draufsicht auf die Rentenerhöhungen der letzten Jahre mag den Eindruck erzeugen, dass sich der Abstand der DRV zu den Leistungen des Versorgungswerks tendenziell verringert hat. Die berufsständische Versorgung bleibt dennoch besser, weil es hier zusätzliche Regelungen gibt, die für die Versicherten günstig sind. So können die Versicherten ihre Anwartschaften durch freiwillige Einzahlungen bis zur doppelten Höhe des Höchstbetrags dotieren. Diese zusätzlichen Vorsorgeaufwendungen können zudem steuerlich verwertet werden. Diese Möglichkeit besteht auch für gesetzlich Versicherte, die können Altersvorsorgebeträge aber nur in geringerem Maße steuerlich geltend machen.

Überdies gewährt das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW den Versicherten – abhängig von der Mitgliedschaftsdauer – satzungsgemäß sogenannte Grundjahre, die bei der Ermittlung der Rentenhöhe versicherungsmathematisch berücksichtigt werden. Das verbessert die jeweilige Anwartschaft, ohne dass dafür Einzahlungen zu leisten sind.

Auch die Hinterbliebenenversorgung ist beim Versorgungswerk besser. Witwen/Witwer bzw. Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft erhalten eine Hinterbliebenenrente in Höhe von 60 %, bei der DRV sind es 55 %. Für Waisen, die sich in der Berufsausbildung befinden, zahlt das Versorgungswerk eine Hinterbliebenenrente bis zum 27. Lebensjahr, die DRV hingegen bis zum 25. Lebensjahr.

Einzelne Rentner haben die zum Jahresbeginn 2022 erfolgte Rentenerhöhung von 0,5 % als unzureichend kritisiert. In einer Versichertengemeinschaft von Jung und Alt sind aber nicht nur die Belange der älteren Mitglieder zu beachten. Junge Architektinnen und Architekten, die erst in mehr als dreißig Jahren in den Ruhestand gehen, haben ebenfalls Anspruch auf eine solide Altersversorgung. Beim Versorgungswerk der Architektenkammer NRW werden Leistungen nicht zu Lasten der kommenden Generationen finanziert. Auch das ein wichtiger Unterschied zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Unter dieser Maßgabe haben die Delegierten in der Vertreterversammlung im Hinblick auf die Mittelverwendung jeweils faire und abgewogene Entscheidungen zu treffen, die die Interessen der Gesamtheit aller Mitglieder in den Blick nehmen.

Von Belang ist in dieser Hinsicht auch, dass Entscheidungen über die Gewinnverwendung beim Versorgungswerk der Architektenkammer NRW nicht von Kaufleuten oder Juristen getroffen werden, sondern stets von Berufskolleginnen und Berufskollegen, die selbst Mitglied in Berufskammer und Versorgungseinrichtung sind. Auch in dieser Hinsicht ist in der berufsständischen Selbstverwaltung die enge Rückkopplung der Entscheidungsträger*innen an die Belange der Versicherten gewährleistet.

Ein neuralgischer Punkt ist aktuell die Rückkehr der Inflation. Nachdem die Inflationsrate lange Jahre sehr gering gewesen ist, steigen die Preise seit Jahresbeginn 2022 in fast allen Bereichen, bezogen auf Energie und Lebensmittel sogar drastisch.

In der Mitgliedschaft des Versorgungswerks, insbesondere bei den Rentnerinnen und Rentnern wird unter diesen Vorzeichen mitunter der Anspruch artikuliert, ihr Versorgungsträger habe Kaufkraftverluste, die sich als Folge der Geldentwertung einstellen, auszugleichen. Hierauf ist zunächst zu erwidern, dass das Versorgungswerk weder Auslöser inflationärer Tendenzen ist, noch Einfluss darauf hat.

Das Versorgungswerk hat einen Versorgungsauftrag für seine Versicherten, bezogen auf die satzungsgemäß definierten Bereiche, d. h. Altersrenten, den Risikoschutz im Hinblick auf Berufsunfähigkeit und die Hinterbliebenenversorgung. Aufgabe des Versorgungswerk ist es jedoch nicht, die Rolle des „Ausputzers“ für Entwicklungen zu übernehmen, die sich außerhalb seiner Sphäre einstellen. So sehen es auch die Gerichte bei Klagen, die im Hinblick auf Inflationsschutz gegen andere Versorgungswerke geführt worden sind.

Es wäre auch allzu bequem, wenn Dienstleister, Verwaltungen und Behörden reihum ihre Preise, Abgaben und Gebühren erhöhen könnten, um ihre jeweilige Ertragslage zu verbessern – und der Versorgungsträger hätte das auszugleichen.

Der Blick nach vorne zeigt, dass das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW notwendige „Hausaufgaben“ schon frühzeitig erledigt hat. Beispielhaft sind hier die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre und die Anpassung des Rechnungszinses zu nennen.

Diese Maßnahmen haben das Versorgungswerk wieder handlungsfähig gemacht. So konnten die Anwartschaften seit 2018 drei Mal dotiert werden. Für die Rentnerinnen und Rentner hat es 2022 erstmals wieder seit 2014 eine Leistungsverbesserung gegeben. Für sich genommen sind das keine großen Sprünge. Den Mitgliedern geben Sie jedoch das Signal, dass das Versorgungswerk bei den Leistungen nicht mehr auf der Stelle tritt, sondern sich wieder dynamisch entwickelt.

Auf dieser Linie liegt auch, dass es zum Jahresbeginn 2023 aller Voraussicht nach für Anwärter*innen und Rentenempfänger*innen eine weitere – wenn auch erneut moderate – Leistungserhöhung geben wird. Von heute aus betrachtet ist das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW solide aufgestellt und für die absehbare Zukunft gut gewappnet.

Prognosen lassen sich dennoch nur eingeschränkt stellen. Besonders in einer Situation, in der in Europa wieder Krieg geführt wird, dessen Auswirkungen derzeit nicht ansatzweise absehbar sind. Hinzu kommen die Generationenaufgaben in Sachen Energiewende und Klimaschutz. Auch hier ist derzeit ungewiss, welche Auswirkungen das Umsteuern in diesen Bereichen auf Konjunktur, Beschäftigungssituation, insbesondere aber auch die globalen Kapitalmärkte haben wird.

In einem von Unsicherheiten geprägten Umfeld stellt sich für Organe, Geschäftsführung und Belegschaft die Aufgabe, weiterhin kompetent, konzentriert, auch kreativ darauf hin zu arbeiten, für die Mitglieder und deren Angehörige eine gute, verlässliche und solide Versorgung für Ruhestand, Berufsunfähigkeit und Hinterbliebene zu gewährleisten. Dieser Anspruch gehört zum Selbstverständnis aller, die beim Versorgungswerk der Architektenkammer NRW ehren- und hauptamtlich Verantwortung für die Solidargemeinschaft der rund 65.000 Mitglieder tragen.

Dipl.-Kfm. Thomas Löhning / Dipl.-Pol. Jörg Wessels

Hauptgeschäftsführer / Geschäftsführer