Rentner
Alterseinkünftegesetz
Am 01. Januar 2005 trat das Gesetz zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (sog. Alterseinkünftegesetz) in Kraft (BGBi.I 2004, S. 1427 ff.). Durch dieses Gesetz wurde schrittweise die nachgelagerte Besteuerung der Renten eingeführt, d. h. zum einen werden Aufwendungen zum Aufbau der Altersvorsorge steuerfrei gestellt, zum anderen müssen Altersbezüge versteuert werden.
Nachfolgend werden einige allgemeine Hinweise zur Thematik für die Mitglieder des Versorgungswerks gegeben. Konkret müssen sich Interessierte bei den Finanzbehörden oder bei den Angehörigen der steuerberatenden Berufe informieren und beraten lassen. Das Versorgungswerk kann und darf keine steuerrechtlichen Beratungen durchführen.
Ursachen der gesetzlichen Neuregelung
Das Alterseinkünftegesetz geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2002 zurück. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 06.03.2002 festgestellt, dass die bisherigen Regelungen zur Besteuerung von Vorsorgeleistungen verfassungswidrig sind, da die Besteuerung von Alterseinkünften bislang nicht durch ein einheitliches Besteuerungssystem erfolgte und damit auch keine einheitliche steuerrechtliche Belastung der Versorgungsempfänger in den einzelnen sozialen Absicherungssystemen gegeben war. Aus diesem Grund hatte das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, spätestens bis zum 01. Januar 2005 eine einheitliche Regelung zu schaffen, die nunmehr in Form des Alterseinkünftegesetzes vorliegt.
Regelungen für die Mitglieder des Versorgungswerks
Beiträge zum Versorgungswerk
Beiträge zum Versorgungswerk sind in gleicher Weise berücksichtigungsfähig wie Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder den landwirtschaftlichen Alterskassen, da das Versorgungswerk vergleichbare Leistungen zur gesetzlichen Rentenversicherung erbringt.
Absetzbarkeit von Beiträgen im Zeitraum 2005 bis 2025
Durch das Alterseinkünftegesetz werden ab dem Jahre 2025 Altersvorsorgeaufwendungen bis zum Höchstbetrag von 20.000 € (Ledige) bzw. 40.000 € (Verheiratete) berücksichtigungsfähig. Der Übergang zu der vollständigen Absetzbarkeit der Beiträge bis zum Höchstbetrag erfolgt schrittweise. Im Jahr 2005 waren 60 % der tatsächlichen Aufwendungen, max. 12.000 EUR, steuerlich berücksichtigungsfähig. Der Prozentsatz von 60 % steigt bis zum Jahr 2024 jährlich um 2 %. Im Jahre 2006 waren somit 62 % (max. 12.400 €), im Jahre 2007 64 % (max. 12.800 €), im Jahre 2008 66 % (max. 13.200 €) der Altersvorsorgeaufwendungen abzugsfähig.
Vorwegabzug des Arbeitgeber-Anteils bei angestellt Tätigen
Zu den begünstigten Vorsorgeaufwendungen gehören sowohl der Arbeitnehmer-Anteil als auch der Arbeitgeber-Anteil. Da der Arbeitgeber-Anteil steuerfrei geleistet wird, kann dieser bei den Altersvorsorgeaufwendungen nicht nochmals geltend gemacht werden, er mindert insoweit die tatsächlich abzugsfähigen übrigen Vorsorgeaufwendungen. Beispiele:
- Leistete ein selbständig tätiges Mitglied im Jahr 2005 Beiträge in Höhe von 12.000 € an das Versorgungswerk, waren hiervon 60 %, also 7.200 € bei den Altersvorsorgeaufwendungen abzugsfähig.
- Ein Arbeitnehmer zahlte ebenfalls Beiträge in Höhe von 12.000 €; dazu erhielt er aber einen steuerfreien Arbeitgeber-Anteil in Höhe von 6.000 €. Von den 12.000 € waren grundsätzlich 60 % im Jahr 2005, d. h. 7.200 € berücksichtigungsfähig. Dieser Betrag war aber um den steuerfreien Arbeitgeber-Anteil von 6.000 € zu kürzen, sodass der Arbeitnehmer nur noch 1.200 € als weitere Altersvorsorgeaufwendungen geltend machen konnte.
Sonstige Vorsorgeaufwendungen
Bei der Abzugsmöglichkeit für Vorsorgeaufwendungen wird zukünftig zwischen Altersvorsorgeaufwendungen und sonstigen Aufwendungen differenziert. Sonstige Aufwendungen sind u. a. Beiträge zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und Zusatzversicherungen, Risikolebensversicherungen und Lebensversicherungen sowie Arbeitslosenversicherung. Für sonstige Vorsorgeaufwendungen gelten gesonderte Höchstbeträge. Selbständige können sonstige Vorsorgeaufwendungen jährlich bis zu einem Betrag von 2.400 EUR und Angestellte bis zu einem Höchstbetrag von 1.500 EUR als Sonderausgaben geltend machen, wobei Lebensversicherungen vor dem 01.01.2005 begonnen haben müssen.
Günstigerprüfung
Damit alle Steuerpflichtigen auch nach der Neuregelung mindestens so viel Vorsorgeaufwendungen wie nach altem Recht steuermindernd ansetzen können, hat der Gesetzgeber eine Günstigerprüfung für eine Übergangszeit vorgeschrieben. Das Finanzamt prüft dabei, ob der Abzug von Vorsorgeaufwendungen nach altem oder neuen Recht günstiger ist. Die günstigere Variante wird dann für die Besteuerung automatisch zugrunde gelegt. Ab 2020 entfällt die Günstigerprüfung.
Rentenbesteuerung
Übergang zur nachgelagerten Besteuerung
Alle gesetzlichen und vergleichbaren Renten unterliegen anstelle der Ertragsanteilbesteuerung ab dem Jahr 2005 der nachgelagerten Besteuerung. Die Versorgungsleistungen der berufsständischen Versorgungswerke gelten gegenüber den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung als vergleichbare Rente. Somit unterliegen die Versorgungsleistungen ab 2005 ebenfalls der nachgelagerten Besteuerung. Dabei ist es unerheblich, ob die Versorgungsleistungen erstmals im Jahr 2005 einsetzten oder ob die Rentenleistungen bereits in der Vergangenheit gewährt wurden. Dass die Beiträge zur Versorgungseinrichtung vor 2005 gerade bei selbständig Tätigen zum größten Teil bereits aus versteuertem Einkommen entrichtet wurden, wird dadurch berücksichtigt dass ein vom Eintritt des Versorgungsfalls abhängiger Steuerfreibetrag dauerhaft für die gesamte Laufzeit der Versorgungsleistungen bei Beginn des Rentenbezugs festgesetzt wird. Der Anteil der Jahresbruttorente, der steuerpflichtig ist, richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Für die Berechnung des Rentenfreibetrags wird die Jahresbruttorente zugrunde gelegt. Der Rentenfreibetrag beträgt für alle, die am 31.12.2004 bereits Rentner waren, 50 % der Jahresbruttorente 2005. Er ist ein fester EURO-Betrag und bleibt auch in den Folgejahren unverändert. Das gilt auch dann, wenn die Rente durch die jährlichen Rentenanpassungen weiter steigt. Beispiel:
Herr Mustermann, der schon im Jahre 2004 Versorgungsleistungen / Rente bezieht, erhält im Jahre 2005 eine Jahresbruttorente von 24.000 €. Hieraus errechnet sich ein auf Dauer maßgeblicher Rentenfreibetrag in Höhe von 12.000 € (50 %). Im Jahre 2007 beträgt seine Jahresbruttorente aufgrund der Leistungsanpassungen 24.080 €. Sein Rentenfreibetrag bleibt aber dennoch bei 12.000 €.
Da die meisten Rentner im ersten Jahr ihres Versorgungsbezugs nur für einen Teil des Jahres Leistungen beziehen, wird der endgültige Rentenfreibetrag erst aus der vollen Jahresbruttorente des 2. Bezugsjahres ermittelt. Die Prozentsätze können Sie der Tabelle entnehmen.
Jahr Rentenbeginn | Besteuerungsanteil % | Rentenfreibetrag % |
bis 2005 | 50 | 50 |
2006 | 52 | 48 |
2007 | 54 | 46 |
2008 | 56 | 44 |
2009 | 58 | 42 |
2010 | 60 | 40 |
2011 | 62 | 38 |
2012 | 64 | 36 |
2013 | 66 | 34 |
2014 | 68 | 32 |
2015 | 70 | 30 |
2016 | 72 | 28 |
2017 | 74 | 26 |
2018 | 76 | 24 |
2019 | 78 | 22 |
2020 | 80 | 20 |
2021 | 81 | 19 |
2022 | 82 | 18 |
2023 | 83 | 17 |
2024 | 84 | 16 |
2025 | 85 | 15 |
2026 | 86 | 14 |
2027 | 87 | 13 |
2028 | 88 | 12 |
2029 | 89 | 11 |
2030 | 90 | 10 |
2031 | 91 | 9 |
2032 | 92 | 8 |
2033 | 93 | 7 |
2034 | 94 | 6 |
2035 | 95 | 5 |
2036 | 96 | 4 |
2037 | 97 | 3 |
2038 | 98 | 2 |
2039 | 99 | 1 |
ab 2040 | 100 | 0 |
Beispiele:
Ein Versorgungsbezug (Altersrente) wird zum vollendeten 65. Lebensjahr im Jahr 2020 eingewiesen: Der prozentuale Besteuerungsanteil beträgt 80 % und der Rentenfreibetrag 20 %.
Ein vorzeitiger Versorgungsbezug wird zum vollendeten 60. Lebensjahr im Jahr 2015 eingewiesen: Der prozentuale Besteuerungsanteil liegt bei 70 % und der Rentenfreibetrag bei 30 %.
Für diejenigen, die beispielsweise im Laufe des Jahres 2006 in Rente gehen, ergeben sich 48 Prozent der Jahresbruttorente 2007 als fester Rentenfreibetrag (100 Prozent ./. 52 Prozent steuerpflichtiger Teil der Rente bei Rentenbeginn 2006 s. Tabelle). Jahr für Jahr steigt der Prozentsatz des steuerpflichtigen Teils der Rente für die jeweiligen Neurentner bis 2020 jährlich um 2 Prozentpunkte und liegt damit bei Renteneintritt im Jahre 2020 bei 80 Prozent der Jahresbruttorente. Danach erhöht er sich pro Jahr nur noch um 1 %, sodass für alle Renten, die im Jahre 2040 beginnen, die Rente zu 100 % steuerpflichtig ist. Umgekehrt sinkt der Rentenfreibetrag im gleichen Zeitraum von anfangs 50 % der Jahresbruttorente auf 0 % im Jahre 2040.
Von der nachgelagerten Rentenbesteuerung sind alle Renten betroffen. Auch die Renten wegen Berufsunfähigkeit und die Hinterbliebenenrenten werden nach der Neuregelung versteuert. Bei Renten wegen Berufsunfähigkeit ist demnach ebenfalls der Rentenbeginn maßgebend. Hinterbliebenenrenten, die einer Versichertenrente folgen, werden nach dem Rentenbeginn des Versicherten versteuert. Für Fälle, in denen die Hinterbliebenenrente ohne vorhergehende Versichertenrente gezahlt wird, ist wieder der tatsächliche Rentenbeginn maßgebend.
Steuerpflichtiges Renteneinkommen
Steuerpflichtig ist jeweils die gesamte Jahresbruttorente abzüglich des persönlichen „Rentenfreibetrags“.
Die tatsächliche Steuerbelastung eines einzelnen Rentners ist von vielen Faktoren abhängig, beispielsweise von weiteren Einkünften, vom Familienstand, von der Höhe der steuerlich absetzbaren Aufwendungen (z. B. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) oder von etwaigen außergewöhnlichen Belastungen (z. B. Behinderung). Aussagen zur Steuerbelastung können daher immer nur der groben Orientierung dienen. Beispiel:
Berücksichtigt man bei einem alleinstehenden Rentner, der keine weiteren Einkünfte hat, und in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert ist, alle steuerlichen Abzugsmöglichkeiten, dürften für eine Jahresbruttorente von rd. 18.700 € im Jahr 2005 keine Steuern zu zahlen sein. Bis zu welcher Rente genau keine Steuern zu zahlen sind, hängt vom Beitragssatz der Krankenkasse des Rentners ab.
Bei 18.700 € Jahresbruttorente beträgt der Rentenfreibetrag 50 %, also 9.350 €, die andere Hälfte ist steuerpflichtiges Einkommen. Von diesem können Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie kleinere Pauschbeträge abgezogen werden, sodass das zu versteuernde Einkommen nicht mehr als 7.664 € beträgt. Dies entspricht dem steuerlichen Grundfreibetrag, bis zu dem keine Steuern zu entrichten sind. Erst bei einer Jahresrente von mehr als 18.700 € (rd. 1.558 €/mtl.) hat der Rentner somit Steuern zu zahlen, wenn er keine weiteren Einkünfte (Mieten, Zinsen, Betriebsrente usw.) hat.
Sonderregelung bezüglich Rententeilen, die aus Beiträgen oberhalb des jeweiligen Höchstbeitrags der gesetzlichen Rentenversicherung resultieren (sogenannte Öffnungs- bzw. Escape-Klausel)
Danach soll die bisherige Ertragsanteilbesteuerung weiterhin auf Leibrenten – hierunter fallen auch die Versorgungsbezüge aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen – Anwendung finden, die auf Beiträgen beruhen, die vor dem 01.01.2005 über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren oberhalb der jeweiligen Höchstbeiträge der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden. Wollen Sie von der Anwendung dieser Öffnungsklausel und damit der teilweisen Ertragsanteilbesteuerung profitieren, so müssen Sie
- einen formlosen Antrag bei Ihrem zuständigen Finanzamt stellen und
- nachweisen, dass Sie vor dem 01.01.2005 für mindestens 10 Jahre Beiträge entrichtet haben, die über dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung gelegen haben. Der Rentenzahlbetrag wird dann in einen Teil, der nachgelagert besteuert wird, und in einen Teil, der der Ertragsbesteuerung unterliegt, aufgeteilt. Der Zeitraum von 10 Jahren muss nicht zusammenhängend sein. Da die Ertragsanteilsätze durch das Alterseinkünftegesetz erheblich reduziert wurden, ist eine Überprüfung und Vergleichsberechnung besonders lukrativ. Die Festsetzung selbst wird allerdings nicht durch das Versorgungswerk, sondern durch die Finanzverwaltung vorgenommen
Doppelbesteuerungsproblematik
Es wird teilweise in der wissenschaftlichen Literatur die Ansicht vertreten, dass insbesondere das Doppelbesteuerungsverbot im Alterseinkünftegesetz nicht ausreichend berücksichtigt ist. Das Versorgungswerk ist als juristische Person des öffentlichen Rechts nach Artikel 19 Abs. 3 des GG selbst nicht in Grundrechten verletzt und kann deshalb keine verfassungsrechtliche Prüfung veranlassen.
Steuerbelastung
Grundsätzlich waren Rentner auch schon nach altem Steuerrecht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. In der Vergangenheit wurde allerdings in Fällen, in denen keine Steuern zu zahlen waren, eine sogenannte Nichtveranlagungsbescheinigung durch das zuständige Finanzamt ausgestellt. Daher hatten die meisten Rentner bisher keine Steuererklärung einzureichen. Dennoch muss weiterhin eine Steuererklärung abgegeben werden, wenn sich wesentliche Veränderungen in den Einkommensverhältnissen ergeben.
Ob ein Rentner regelmäßig eine Einkommensteuererklärung abgeben muss, hängt vom Einzelfall ab, insbesondere davon, ob der zusammenveranlagte Ehepartner noch Einkünfte hat oder ob Berufseinkünfte, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitaleinkünfte erzielt werden.
Rentenbezugsmitteilungsverfahren
Auch die berufständischen Versorgungseinrichtungen haben jährlich der Zentralen Zulagestelle für Altersvermögen (ZfA) ihre Rentenzahlungen mitzuteilen. Sie stellt dann den Informationsaustausch mit den Finanzverwaltungen her. Das Versorgungswerk muss hierzu von den Leistungsempfängern u. a. die Identifikationsnummer (§ 139 b Abgabenordnung) erheben. Diese hat jeder Bürger vom Bundesamt für Finanzen erhalten. Sie tritt an die Stelle der bisherigen Steuernummer. Das zuständige Finanzamt fordert die Steuerpflichtigen dann ggf. zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung auf.